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Ein exklusiver Einblick hinter die Kulissen der SRF-Kommentatoren-Kabine – 28.7.2023

Einblicke in die Welt der Wassersport-Exzellenz: Zwei Experten diskutieren die Highlights der Fukuoka Schwimm-Weltmeisterschaften

Liebe RZO-Angehörige

Nachdem der erste RZO Speaker Kurs am 25. Mai 2023 stattfand, hatte das RZO-Team die Möglichkeit, SRF-Kommentator Jeroen Heijers und SRF-Experte Tobias Gross (SV Baar) in der Kommentatoren-Kabine des SRF in Zürich zu besuchen.

Die Schwimm-Weltmeisterschaften in Fukuoka (JPN) waren zweifellos ein herausragendes Ereignis für Sportbegeisterte und Schwimmfans auf der ganzen Welt. Die beiden Experten standen vom 24. bis 30. Juli täglich ab 13.00 Uhr hinter den Mikrofonen und kommentierten die Schwimm-WM aus Fukuoka. Wir hatten die Gelegenheit ihnen im Vorfeld ein paar Fragen zu stellen und hautnah zu erfahren, wie sie sich auf die Übertragungen vorbereiten und welche Hürden das Live Kommentieren so mit sich bringen kann.

Vor jeder Live-Übertragung bedarf es einer gründlichen Vorbereitung. Tobias verriet uns, dass er sich in der Regel zwei Stunden vor dem Wettkampf darauf vorbereitet, alle wichtigen Informationen im Kurzzeitgedächtnis zu verankern. Auch sein Laptop ist gerüstet, die Internetverbindung steht. Bei jeder Übertragung hat er spezielle Tabs geöffnet, um die relevanten Zeiten schnell abrufen zu können. Diese Tabs umfassen Olympia-, Welt- und Europarekorde sowie Schweizer Rekorde. So hat er die immer bereit und kann die Zuschauer mit fundierten und aktuellen Informationen versorgen.

Im Vorfeld der Schwimm-Weltmeisterschaft in Fukuoka bereitet Jeroen sich intensiv mit einer Vielzahl von Fakten vor. Er sammelt Informationen zu Japan und speziell zu Fukuoka, erkundigt sich über die Schwimmhalle und informiert sich umfassend über die WM. Jeroen erstellt zudem einen detaillierten Plan für die gesamte Woche, um zu wissen, wann welches Rennen stattfindet. Für jeden einzelnen Schwimmwettkampf trägt er alle relevanten Informationen zusammen, einschliesslich Details und Zeiten zu den teilnehmenden Athleten. Für die Übertragung schreibt er sich im Vorfeld ein kurzes Intro, das als Einstieg und Stütze während der Übertragung dient. Jedoch behält er die Freiheit, auch von diesem Plan abzuweichen.

Flexibilität und fundiertes Fachwissen ist während der Berichterstattung über die spannende Weltmeisterschaft in Fukuoka ihr Schlüssel zum Erfolg.

 

Welche besonderen Herausforderungen gibt es beim Kommentieren eines internationalen Ereignisses wie der Schwimmmeisterschaft aus einem Studio in der Schweiz?

Tobias: Bei manchen Übertragungen sind wir teilweise zwischen den Zeitzonen. Im Jahr 2021, während den Olympischen Spielen in Tokio, waren wir in Zürich-Oerlikon in einem Hotel untergebracht und haben dort nach der japanischen Zeit gelebt. Letztlich eine Stunde von zu Hause weg und trotzdem hatten wir nach 8 Tagen einen Jetlag. Aufgrund dessen, dass wir auf dem Monitor das gleiche sehen wie die Zuschauer zuhause, können wir oft nicht ganz ins Detail gehen und sind auf die Technik vor Ort angewiesen.

Jeroen: Wir sehen genau das gleiche Bild wie die Zuschauer zuhause vor den Bildschirmen. Das heisst, wenn etwas abseits der Kameras passiert, dann ist es für uns unmöglich Einschätzungen zu geben.

 

Wie sehen die Vorbereitung und Nachbereitung hinter den Kulissen aus, um die Zuschauer in der Schweiz über die Wettkämpfe auf dem Laufenden zu halten?

Tobias: Ich höre täglich diverse Podcasts über die Weltmeisterschaft und über das Schwimmen im Allgemeinen. Ich versuche so immer "up to date" zu bleiben. Zudem suche ich mir vor jeder Session die Top 3 der letzten Anlässe raus sowie die Welt-, Europa- und Schweizerrekorde, damit ich diese Daten präsent habe.

Jeroen: Etwa 3 Wochen vor der Weltmeisterschaft beschäftige ich mich erstmals mit dem Anlass. Dann suche ich allgemeine Informationen zusammen und sammle sie in Dokumenten auf dem Laptop. In der Woche vor WM-Start bereite ich die jeweiligen Top-10 der Entry-List jedes Rennens vor. Das heisst alle relevanten Informationen zu den Schwimmerinnen und Schwimmern. Das alles füge ich dann an den jeweiligen Renntagen in eine Form ein, die ich mir fürs Schwimmen zurechtgelegt habe. Nach den Rennen steht im Fall von Fukuoka die Erholung auf dem Programm. Früh ins Bett und morgens wieder früh raus.

 

Wie haben sich die Zeitverschiebung (Fukuoka) und die geografische Distanz auf eure Arbeitsabläufe und Kommentare ausgewirkt?

Tobias: Aktuell, da wir nur die Final-Session machen (13:00 – 15:00 Uhr nach unserer Zeit), profitieren wir von der Zeitverschiebung. Ich stehe am Morgen auf und kann gleich die Resultate und die Zusammenfassung der Vorläufe nachschauen sowie meine Vorbereitung starten.

Jeroen: Ich bin jeweils um 6 Uhr morgens im Büro und bereite die einzelnen Rennen des Tages vor. Dazu gehört auch die Nachbereitung des Vortages, damit man dort auf dem aktuellsten Stand ist. Nach den Rennen steht im Fall von Fukuoka die Erholung auf dem Programm. Früh ins Bett und morgens wieder früh raus.

 

Welche Rolle spielt die Technologie, wie zum Beispiel Unterwasser – Kameras, bei der Berichterstattung über die Schwimmwettkämpfe? Habt ihr Einfluss auf die Kamerawahl?

Tobias: Hier haben wir null Einfluss. Die Bilder helfen aber mir als «Experten» ganz sicher mehr Details von der Schwimmtechnik zu sehen und dann darüber zu reden.

Jeroen: Die Unterwasser-Kameras bieten uns und vor allem auch den Zuschauern einen sehr attraktiven Mehrwert. Technologisch wichtig sind für uns auch all die Daten- und Zeitsysteme, die wir zur Verfügung haben. Sonst kann man schnell mal den Überblick verlieren.

 

Die Schwimmweltmeisterschaft bringt oft auch neue Talente hervor. Gibt es Schwimmer: innen aus anderen Ländern, die euch besonders beeindruckt haben?

Tobias: Offensichtlich Leon Marchand sowie auch Molly O’ Callaghan. Zudem haben wir auch grosse Freude am internationalen Durchbruch von Roman Mityukov.

Jeroen: Ich bin sehr beeindruckt von Matos Ribeiro. Der Portugiese hat an der EM in Rom erstmals auf sich aufmerksam gemacht und nun mit Medaillen bestätigt, dass er zur Weltspitze gehört. Und das in einem sehr jungen Alter, aus einem Land, das nicht gerade für den Schwimmsport bekannt ist.

 

Wie intensiv war die Vorbereitung der Schwimmeranalyse? In Tagen / Stunden?

Tobias: Ich bereite mich in dem Sinn laufend vor und versuche über verschiedene Berichte und Podcasts immer am Ball zu bleiben. Täglich vor der Session benötige ich ca. eine Stunde zur Vorbereitung und im Nachgang höre ich mir dann eine Live-Show (re-live) von ca. 2 Stunden an.

Jeroen: Ich komme pro Tag auf ca. 4 Stunden Vorbereitung. Dazu kommen noch insgesamt etwa 7 Tage im Vorfeld der WM.

 

Habt ihr Kontakt zu den Schweizer Schwimmer/innen oder zu den Trainern?

Tobias: Ich stehe immer mit den Coaches vor Ort in Kontakt und bin auch immer wieder im Austausch mit Markus Buck.

Jeroen: Regula Späni ist als Medienverantwortliche von Swiss Aquatics in Fukuoka vor Ort. Mit ihr stehe ich im Vorfeld und während der WM in Kontakt.

 

Vor Ort macht RSI die Interviews mit dem Schwimmer:innen. Habt ihr auf die Fragenstellungen Einfluss?

Tobias: Wir haben keinen Einfluss darauf. Eventuell hat unsere Regie Einfluss darauf.

Jeroen: Welche Fragen gestellt werden, können wir nicht beeinflussen. In Zusammenarbeit mit dem Produzenten hier in Zürich können wir diese Interviews jederzeit einspielen. Das bietet einen abwechslungsreichen Mehrwert.

 

Herzlichen Dank an Jeroen Heijers und Tobias Gross für den Einblick hinter die Kulissen

 

RZO Team + Nina Sanz-Mendez – 28.7.2023 – Zürich Leutschenbach